Am 13. April 2011 stellten sich die Verantwortlichen der Koalitionsverhandlungen und Vertreter der Hochschulen einem kritischen Publikum im Audimax der Martin-Luther-Universität (MLU). Die vom Studierendenrat (StuRa) und Arbeitskreis Bildungspolitik (AK BiPo) ins Leben gerufene Veranstaltung lockte vor allem den politischen Nachwuchs und Universitätsangehörige ins Audimax.
Thema war die geplante Zusammenlegung von Wissenschaft und Wirtschaft zu einem Ministerium. In der zweieinhalbstündigen Diskussion wurde besonders die Kultusministerin von Sachsen-Anhalt, Prof. Dr. Birgitta Wolff (CDU) oft rhetorisch in die Ecke gedrängt. Wie auch die anderen Podiumsteilnehmer versuchte sie wortreich, dem Publikum ihre Position zu erklären. Zusammen mit Prof. Dr. Udo Sträter (Rektor der MLU), Prof. Dr. Armin Willingmann (Rektor der Hochschule Harz und Präsident der Landesrektorenkonferenz LSA) und Stephan Dorgerloh (SPD, Koalitionsausschuss) wurde innerhalb des Podiums kontrovers diskutiert. Am Ende schienen viele Fragen jedoch ungeklärt, und man flüchtete sich in allgemeine Polit-Floskeln. Nur eines scheint sicher: das neue „Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft“ (Wolff) wird kommen und bislang gibt es nur Frau Wolffs Versprechen, dass die Studierenden davon profitieren werden.
Noch ist Frau Wolff Kultusministerin, doch bald wird sie das neue Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft als Ministerin leiten. Das kam überraschend, auch für die Rektoren Sträter und Willingmann. Besonders Prof. Dr. Willingmann war es, der sich am Anfang der Debatte mehr Klarheit und Gründe für die Zusammenlegung der beiden Ressorts wünschte. Eine Bitte, mit der er nicht alleine im Raum war. So kam aus dem Publikum immer wieder die Frage auf, warum nun eigentlich ein Neuzuschnitt erfolgen soll. Doch besonders diese Frage, so schien es, wurde nicht ausreichend geklärt. Zwar wurden Gründe genannt, wie die angeblich bessere Chance, mehr qualifizierte Absolventen im Land zu halten, mehr Drittmittel für die Universitäten zu erlangen oder die Arbeitslosigkeit auf unter zehn Prozent zu bringen. Außerdem brachte Sträter ins Gespräch, dass die Verankerung im Kultusministerium nicht „gottgegeben“, sondern „historisch gewachsen“ sei. Doch alle diese Gründe reichten als umfassende Antwort nicht aus, weil auch das Kultusministerium diese Aufgaben erledigen könnte. So zumindest war der Eindruck des Publikums.
Die Angst, die Wissenschaft würde der Ökonomie zum Opfer fallen, sitzt tief in den Köpfen der Studierenden. „Außerdem arbeitet das Kultusministerium doch gut. Wenn es grundlegende Fehler geben würde, könnte man eine solche Zusammenlegung noch eher nachvollziehen“, wundert sich Rektor Willingmann. Und die SPD schien zu versuchen, die Schuld von sich zu schieben: „Die Wähler haben ein klares Signal gegeben. Wenn die CDU die Verantwortung für die Hochschulen für sich beanspruchen will, müssen wir dem einfach zustimmen“, erklärt Stephan Dorgerloh von der SPD. Doch auch hier wird wieder versucht zu beschwichtigen: nicht umsonst habe man das neue Ministerium so genannt, so Dorgerloh. Die Wissenschaft solle stets an erster Stelle stehen.
Rektor Sträter sieht das Ganze positiv. „Ich denke, es kann sehr gut für die Hochschulen werden. Hätte man mich vor einem Jahr gefragt, was ich davon halte, hätte ich wahrscheinlich gesagt, die spinnen doch. Nach einer gewissen Zeit in meinem Amt erkenne ich die Möglichkeiten, die sich daraus ergeben können. Jetzt hat die Wissenschaft endlich mal die Möglichkeit, die Wirtschaft zu kontrollieren, und nicht umgekehrt.“ Diesen Optimismus konnten viele der Anwesenden jedoch nicht teilen. Sie wollten konkrete Antworten, besonders von Frau Wolff. Die Ministerin, die sich selbst vorrangig als Wissenschaftlerin und Hochschullehrerin versteht, geriet oft in Erklärungsnot. Sie versuchte zumindest mit ihrem Schlusswort die Stimmung zu kippen: „Es ist sehr gut, eine Wissenschaftlerin an der Spitze des Wirtschaftsministeriums zu haben. Solange mein Herz für die Wissenschaft schlägt, müssen Sie sich keine Sorgen machen.“
Doch auch dabei bleibt eines offen: Was ist, wenn sie in fünf Jahren nicht mehr an der Spitze des „Ministeriums für Wissenschaft und Wirtschaft“ steht?
Auch wenn viele Fragen ungeklärt blieben: Neben der eigentlichen Kontroverse, dem Neuzuschnitt der Ministerien, fand erstmals direkter öffentlicher Diskurs zum Thema statt.