Am Sonntag, den 2. Februar, wählt Halle den*die Oberbürgermeister*in! Wir haben sie gefragt, was sie für uns Studis planen.
Frage 1: Die Martin-Luther-Universität ist seit über 15 Jahren von Kürzungen betroffen und die Studierendenzahlen sind rückläufig. Was wollen Sie auf Kommunalebene tun um den Universitätsstandort Halle zu sichern?
Wolfgang Hoppe:
Gerne setze ich mich auf Landesebene für eine Ausfinanzierung der Universität ein, auch wenn die Vergangheit gezeigt hat, dass dies unwahrscheinlich sein wird. Daher muss auch von der Universität ein Alternativplan geschaffen werden, um möglichst viele Strukturen zu erhalten, deren Finanzierung gewährleistet ist. Dieses Vorhaben würde ich gerne in Zusammenarbeit mit der Kommune unterstützen.
Alexander Vogt:
Halle ist eine Stadt, die von ihren Studierenden lebt. Dementsprechend sollten die Interessen unserer Studierenden auch die Interessen des Oberbürgermeisters sein – und dem nehme ich mich sehr gerne an. Als Oberbürgermeister werde ich den Universitätsstandort Halle stärken, dabei müssen wir natürlich über die konkreten Herausforderungen und finanziellen Belastungen der Universität und der Studierenden vor Ort sprechen. Als Oberbürgermeister will ich Fürsprecher unserer Studierenden sein, um unsere Anliegen auch auf Landesebene zu vertreten. Als Oberbürgermeister werde ich auf einen regelmäßigen und offenen Austausch setzen, dabei ist mir z.B. auch der Dialog mit dem Studierendenrat wichtig, um diese Perspektive in meine Handlungen mit einzubeziehen. Die Attraktivität als Universitätsstandort will ich unter anderem durch den Ausbau des ÖPNV (bspw. über weitere Taktverdichtungen bei den Straßenbahnen), die Unterstützung des Ausbaus von Wohnheimplätzen im Rahmen der Möglichkeiten eines Oberbürgermeisters und die Förderung der lokalen Clubszene erhöhen.
Kerstin Godenrath
Unsere Stadt ist ein ausgezeichneter Standort für Studium, Forschung und Lehre, den es stets zu stärken gilt. Mir ist eine enge Zusammenarbeit mit der MLU wichtig, um mich auch gegenüber dem Land für deren Belange einsetzen zu können.
Egbert Geier
Ich weiß um die große Bedeutung der MLU für die Stadt und ihre Entwicklung. Deswegen habe ich als Bürgermeister immer eine sehr enge Verbindung zur MLU gepflegt. 2024 haben Stadt und MLU ihre Kooperationsvereinbarung erneuert. Ich werde mein Engagement für die MLU fortsetzen, mein breites Netzwerk in die Landespolitik nutzen und mich für die MLU und deren auskömmliche Finanzierung stark machen.
Frage 2: Studierende geben über die Hälfte ihres Einkommens für Miete aus – doppelt so viel wie der Durchschnitt der Gesellschaft. Wie können Sie armutsbetroffenen Studierenden trotzdem einen sicheren Wohnort bieten?
Wolfgang Hoppe:
Drei Vorschläge: Erstens könnte die Stadt, ob der vielen, freihstehenden Wohnungen, als Vermittler zwischen privaten Vermietern und Studenten fungieren. Zweitens könnten kommunale Wohnungen, falls nicht anders benötigt, auch an Studenten vermietet werden. Drittens könnte man die Einrichtung neuer Studentenwohnheime in Zusammenarbeit zwischen Stadt und Universität/Studentenwerk vorantreiben.
Alexander Vogt:
Ich sehe hierbei das Land in der Pflicht, dem Studentenwerk Halle die Mittel zur Verfügung zu stellen, um in der Stadt Halle mehr Studierendenwohnheimplätze schaffen zu können. Ich sehe dies als besonders dringlich an, da die Unterbringungsquote von Studierenden in Wohnheimen in Prozent in Halle niedriger ausfällt als beispielsweise im Vergleich zum Bundesdurchschnitt, zum Landesdurchschnitt und auch im Vergleich zur Landeshauptstadt MD. Mit weiteren Studierendenwohnheimplätzen können besonders armutsbetroffene Studierende eine dringend notwendige finanzielle Entlastung erhalten. Dabei spielt natürlich auch eine Rolle, inwiefern die Wohnheimplätze für Studierende wirklich bezahlbar sind. Ich sehe Wohnheimplätze jedoch immer noch als das „beste“ Mittel für armutsbetroffene Studierende an.
Als Oberbürgermeister werde ich mich einbringen, um gegenüber dem Land Sachsen-Anhalt die Interessen unserer Stadt und unserer Studierenden zu artikulieren und, bei jeder passenden Gelegenheit, als konstruktiver, verlässlicher und unterstützender Partner der halleschen Studierenden, der Universität, unserer Hochschulen und auch des Studentenwerks Halle mitzuwirken.
Wenn das Land beispielsweise wenig Interesse daran zeigt, auch nur ansatzweise ausreichend finanzielle Mittel für die dringend notwendige Renovierung einer großen halleschen Mensa bereitzustellen, dann würde ich mich als Oberbürgermeister überparteilich und sach- und zielorientiert mit Akteuren wie unseren Landtagsabgeordneten, der Landesregierung und dem Studentenwerk zusammensetzen, um Lösungen zu finden, die nicht jahrelang auf sich warten lassen. Darüber hinaus sehe ich die Möglichkeit zu prüfen, inwiefern kommunale Wohnungsbaugesellschaften verstärkt bezahlbare Wohnungen für Studierende anbieten können.
Kerstin Godenrath
Hinsichtlich der von Ihnen angesprochenen Wohnsituation sollten die vorhandenen Möglichkeiten besser kommuniziert werden – sowohl die Universität als auch verschiedene Wohnungsunternehmen bieten Studenten günstigen Wohnraum. Sofern Sie an dieser Stelle einen Mehrbedarf sehen, können wir gern intensiver ins Gespräch kommen.
Egbert Geier
Halle ist eine tolle Stadt zum Studieren. Neben einem breiten Kultur-, Sport- und Freizeitangebot ist ein wesentlicher Faktor, dass Wohnen und Leben in Halle im Vergleich zu anderen Universitätsstädten vergleichsweise günstig ist. Neben dem Studentenwerk bieten die städtischen Wohnungsgesellschaften und die hiesigen Wohnungsgenossenschaften auch weiterhin attraktiven und bezahlbaren Wohnraum an.
Frage 3: Rechtspopulisten verhöhnen Fakten und Wissenschaft unter einem fehlgeleiteten Konzept der „Wissenschaftsfreiheit“. Was wollen Sie tun, um die Rolle der Wissenschaft und tatsächliche Forschungsfreiheit zu stärken?
Wolfgang Hoppe:
Werden Fakten missachtet und darauf aufbauend falsche Aussagen getätigt, so sollte man dem mit guter wissenschaftlicher Praxis entgegentreten. Heißt die besagten Fakten per Quellen belegen und den Aussagen in einem logisch strukturierten Diskurs begegnen. Wünschenswert wäre dabei, dass sich Wissenschaftler aus dem jeweiligen Fachbereich in solche Diskurse einbringen.
Alexander Vogt:
Als Oberbürgermeister werde ich mich im Rahmen der Möglichkeiten eines Oberbürgermeisters dafür einsetzen, dass unabhängige (Forschungs-)Projekte, die sich mit gesellschaftlich relevanten Themen auseinandersetzen, wie z.B. der Bündelung und Darstellung von lokalen Herausforderungen in Bezug auf Rechtsextremismus, Rechtspopulismus, Antisemitismus, gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, Digitalisierung, Klimawandel, Klimaschutz und Gewalt sowie deren Ursachen, unterstützt werden. Als Oberbürgermeister werde ich selbstverständlich mich auch dafür einsetzen, dass Wissenschaftler*innen, die zu den genannten Themen arbeiten, in ihrer wichtigen Arbeit bestärkt, gewürdigt und vor Angriffen aus populistischen oder extremistischen Kreisen geschützt werden.
Darüber hinaus kann ich mir eine neue lokale Initiative vorstellen, die niedrigschwellige Angebote schafft und diese bewirbt, um Wissenschaftskommunikation sowie Kooperationsmöglichkeiten mit Schulen zu fördern. So soll bereits bei unseren Schülerinnen und Schülern das Interesse und im Idealfall auch eine Begeisterung für Wissenschaft, Forschung und Lehre erzeugt werden.
Eine angeblich postulierte “Wissenschaftsfreiheit”, wie in Ihrer Frage skizziert, in welcher Fakten verzerrt oder gar geleugnet werden, ist keine (Forschungs-)Freiheit und auch keine Wissenschaft. Das wäre nichts anderes als ein Angriff auf die Wissenschaft und dementsprechend auch auf das Fundament unserer Gesellschaft. Als Oberbürgermeister, promovierter Verkehrsplaner und Lehrer werde ich mich wie bisher klar zu Wissenschaft und Forschung bekennen, dabei Rechtsextremismus und Rechtspopulismus mit entschiedener Haltung begegnen und mich ausdrücklich für faktenbasierte Diskurse einsetzen.
Kerstin Godenrath
Wissenschaftsfreiheit ist ein hohes Gut, das ausdrücklich im Grundgesetz geregelt ist. Mit der Präsenz und Unterstützung der vielen wissenschaftlichen Einrichtungen zeigt unsere Stadt deutlich deren Stellenwert. Dies beabsichtige ich fortzuführen.
Egbert Geier
Ich stehe persönlich für eine faktenbasierte, sach- und lösungsorientierte Politik. Mein Credo ist, mit den Einwohnerinnen und Einwohnern im direkten Austausch und faktenbasiert um die bestmögliche Lösung für unsere Stadt zu ringen. Wissenschaftliche Erkenntnisse sind dafür die Grundlage. Und gleichzeitig hilft der direkte Kontakt oftmals am besten, die Rolle und Funktionsweise von Wissenschaft bewusst zu machen.
Frage 4: Was sind weitere Themen, die sie für die über 19.000 Studierenden in Halle angehen werden?
Alexander Vogt
Als Oberbürgermeister werde ich die Clubkultur fördern, für Jugendliche und Studierende selbstverwaltete Freiräume sowie kostenlose Lernräume unterstützen, sichere Treffpunkte gestalten und attraktive Freizeitmöglichkeiten schaffen und bewerben. Dabei ist auch der Eintrittspreis für und die Kommunikation gegenüber Studierenden sehr wichtig. Ich glaube, viele Studierende wissen nicht, dass z.B. Einrichtungen wie das Kunstmuseum Moritzburg freien Eintritt für Studierende bietet.
Als promovierter Verkehrsplaner sehe ich einen meiner Schwerpunkte im Bereich der Mobilität und sehe sichere Fahrradwege und den Ausbau der Fahrradwege in Halle als essentiell für die nächsten Jahre an. Als Oberbürgermeister werde ich mit betroffenen Akteuren prüfen, inwiefern der Heimweg, zum Beispiel nachts nach dem Feiern, sicherer, schneller oder auch über innovative Beleuchtungskonzepten gestaltet werden kann. Zusammen mit verschiedenen Sicherheitsakteuren möchte ich auch das Thema Fahrraddiebstähle in unserer Stadt erneut auf die Tagesordnung bringen und prüfen, inwiefern hier mehr getan werden kann.
Zudem sehe ich den Bedarf, dass Beratungsangebote für Studierende, wie z.B. im Bereich der psychischen Gesundheit, erhalten oder, falls notwendig, ausgebaut werden. Das sind zumindest Themen, denen ich mich nach der Wahl gerne annehmen will und werde. Und daran will ich mich auch messen lassen. Dabei sehe ich die Notwendigkeit, dass der Oberbürgermeister regelmäßig und anlasslos mit Akteuren wie dem StuRa der MLU, der Universitätsleitung und dem Studentenwerk Halle in den Austausch tritt. Ich denke nicht, dass hier die Situation in den letzten Jahren schlecht war, aber ich denke trotzdem, dass die Zusammenarbeit und Kommunikation ausbaufähig ist. Meine Vision ist, dass Halle zu einer Stadt wird, in der es wieder mehr Studierende gibt, die nicht nur lernen, sondern hier auch gerne leben, die nicht vor großen finanziellen Herausforderungen stehen, die nicht armutsbetroffen sind und die in unserer Stadt eine lebendige, vielfältige Clubszene erleben können.
Kerstin Godenrath
Mir ist es wichtig, dass sich die Studenten in unserer Stadt wohlfühlen und dabei attraktive Lebensbedingungen vorfinden. Dazu gehören Sicherheit, Sauberkeit, gute Arbeitsangebote, ein vielfältiges Angebot an Kultur und Sport und viele weitere Dinge, die in der gewünschten Kürze jedoch nicht allumfassend dargestellt werden können. Als Oberbürgermeisterin würde ich einen stetigen Austausch forcieren, um die Bedürfnisse unserer Studenten erfassen und berücksichtigen zu können. Bereits im Wahlkampf habe ich mich im Rahmen einer Umfrage an die jungen Menschen in Halle gewandt und deren Ergebnisse werden in meine Arbeit direkt einfließen.
Egbert Geier
Attraktiver und bezahlbarer Wohnraum wie auch ÖPNV, gute Rad- und Fußwege, ein vielseitiges Freizeit-, Sport- und Kulturangebot sind wichtig für Studierende. Ich lege aber den Fokus auch darauf, die Verknüpfung von Wissenschaft/Lehre und Wirtschaft zu stärken. Es braucht mehr attraktive, gut bezahlte Jobs in Halle. Mein Ziel ist, dass möglichst viele Studierende nach ihrem Studium in Halle bleiben, hier leben, hier arbeiten.
Hinweise
Wir haben alle Kandidat*innen für die Oberbürgermeister*innen-Wahl angeschrieben. Alle Antworten, die wir erhalten haben, haben wir hier dargestellt. Wir haben den Kandidat*innen ein Zeichenlimit von 500 Zeichen pro Frage gegeben, die längeren Antworten haben wir für Social Media gekürzt, hier aber in voller Länge stehen lassen. Die Reihenfolge ist die Reihenfolge, in denen wir die Einsendungen bekommen haben, und hat keinerlei weitere Bedeutung.