Sehr geehrte Mitglieder des Akademischen Senates,
als studentische Vertreter möchten wir folgende Überlegungen in die Debatte einbringen. In den letzten Jahren haben immer wieder intensive Diskussionen über die Frage, ob die Universität den Vorgaben der Landespolitik folgen und massive Kürzungen in Millionenhöhe umsetzen soll oder sich die Universität offensiv gegen unzumutbare Strukturveränderungen stellen soll, stattgefunden. Die Argumente stellen sich aus unserer Sicht wie folgt dar:
Zunächst sind die Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Die generell unzureichende Grundfinanzierung der Martin-Luther-Universität, die Überlastung der Universität durch eine im Vergleich zur Ausstattung zu hohe Anzahl an Studierenden und die hohe Belastung für das Personal, vor allem für das wissenschaftliche Personal, sind allgemein bekannt. Die Folge ist, dass man sich fragen muss, ob das Studium an Teilen der Universität überhaupt noch ein Studium ist und ob die Hochschule noch eine Universität ist. Die Beantwortung dieser Frage ist eindeutig, wenn man sich die Studienbedingungen in vielen Fächern der Martin-Luther-Universität, insbesondere in den Geisteswissenschaften, anschaut. Daher ist klar: Nur mehr Personal und damit mehr Geld kann diese Entwicklung beenden.
Aus diesen grundsätzlichen Überlegungen heraus sind jegliche Kürzungen im akademischen Bereich der Martin-Luther-Universität prinzipiell abzulehnen. sie haben eine Verschärfung der Situation zur Folge. Wir verschließen uns jedoch nicht der Sichtweise der Verantwortungsträger unserer Universität: Eine Weigerung der Martin-Luther-Universität, den Einsparungen Folge zu leisten, hätte massive Auswirkungen. Die Universität ist auf die Zusammenarbeit mit dem Land angewiesen, weil es der Universität durch administrative Blockaden Schaden zufügen kann. Auch steht die Martin-Luther-Universität mit ihrer Politik weitgehend alleine da und wird als Außenseiter aufgefasst. Des Weiteren haben sich die zu erbringenden Kürzungssummen im Hinblick auf die ersten Absichten des Landes verringert. Zu dieser Entwicklung haben die öffentlichen Proteste und die Strategie der Universitätsleitung beigetragen. Man kann die Auffassung vertreten, dass es an der Zeit sei, einzulenken und so einer Konfrontation mit dem Land aus dem Weg zu gehen und die ständigen Kürzungsdiskussionen beenden zu können.
Diese Sichtweise ist legitim und verständlich. Aus Sicht der Studierenden und aus Sicht der studentischen Vertreter in den Gremien ist sie jedoch nicht akzeptabel. Uns liegt ein nicht tragbarer Kompromiss mit unklaren Auswirkungen und Kürzungen vor. Wenn die zu erzielenden Kürzungen ohne Schließungen von Instituten erreicht werden, verschlechtern sich die Studienbedingungen weiter. Wenn die zu erzielenden Kürzungen durch Schließungen von Instituten erreicht werden, können wir gegenüber den betroffenen Studierenden nicht vertreten, warum und wozu ihr Institut geschlossen wird.
In Anbetracht neuer Entwicklungen wie der vollständigen Übernahme der BAföG-Kosten durch den Bund und einer sich entspannenden Haushaltslage hat sich die Ausgangssituation geändert. Gerade jetzt, da die Mittel im Landeshaushalt verfügbar sind, lehnen wir diese Zielvereinbarungen ab. Und es ist klar, dass Strukturanpassungen und Kürzungen, denen wir heute zustimmen sollen, keine wirkliche Entlastung für die Universität darstellen. Die Martin-Luther-Universität sollte daher keine Angst vor einer Fundamentalopposition haben.
Somit folgt aus studentischer Sicht insgesamt: Trotz der geringeren Kürzungssummen, trotz der Gefahren bei einer Verweigerung der Kürzungen ist es falsch, Kürzungen an einer Universität in ohnehin schon kritischem Zustande zu vollziehen. Die Universität, und allen voran der Akademische Senat, muss Widerstand leisten und für das Wohl der Universität kämpfen.
Die studentischen Senatoren,
Johannes Gallon
Maria Genschorek
Paul Jänicke
Daniel Möbus
Richard Schmidt