Die EU-Wahlen haben gezeigt, wie gefährdet die demokratische Gesellschaft tatsächlich ist. In Sachsen-Anhalt haben 30,5 Prozent der Wähler*innen einer faschistischen Partei ihre Stimme gegeben, in Sachsen waren es 31,8 Prozent und in Thüringen 30,7 Prozent. Bundesweit lässt sich sagen, dass die jüngeren Wähler*innen kein Bollwerk gegen demokratiefeindliche und völkische Ideologien mehr darstellen, da sie sich mit ihrem Ergebnis dem Durchschnitt der Bevölkerung angepasst haben.
Nun wird über Krisen gesprochen. Über die Krise der Demokratie, die Krise der Jugend und die Krise Ostdeutschlands. Dabei gerät aber eine Erkenntnis aus dem Blick, die produktiv anzuwenden wäre: Wer eine stabile, offene und demokratische Gesellschaft will, muss das strukturell untersetzen, muss den Menschen Perspektiven eröffnen und muss vor allem die Mehrheit derjenigen stärken, die nicht rechtsextrem gewählt haben.
Das sehen wir insbesondere bei der Jugend: Die 16- bis 24-jährigen haben mit 16 Prozent die AfD gewählt und entsprechen damit dem Durchschnitt. Aber die Mehrheit hat demokratisch gewählt. Die stärkste Kraft waren dabei mit 28 Prozent die „anderen Parteien“, also Kleinpartei, die sich oftmals um ein bestimmtes Anliegen kümmern wollen wie etwa die „Tierschutzpartei“ oder die „Partei für schulmedizinische Verjüngsforschung“. Das ist ein klares Signal für Unzufriedenheit, welches sich eben nicht rassistisch, antisemitisch und völkisch äußern muss, sondern in der demokratischen Abwendung von den Regierungs- und Oppositionsparteien.
Und für diese Abwendung gibt es auch einen guten Grund. Einige der Menschen in der Altersgruppe sind Studierende, an denen man das beispielhaft festmachen kann. Denn ein Drittel der Studierenden ist arm. Während der Corona-Pandemie kam die Unterstützung viel zu spät und war nicht ausreichend. Die steigenden Lebenshaltungskosten betreffen genau diese Gruppe massiv. Das Gleiche gilt für das Versagen der Bundesregierung bei der Anpassung des Mindestlohns, der laut europäischer Mindestlohnrichtlinie bei rund 14 Euro liegen müsste. Auch die BAföG-Reform reicht hinten und vorne nicht und wird nicht dazu beitragen, das Vertrauen wieder zu erhöhen.
Als Studierendenrat der MLU appellieren wir an die Verantwortlichen in der Politik, die Demokratie zu stärken. Dafür darf es kein Aufweichen der Brandmauer oder das Hinterherlaufen hinter rechten Positionen geben, sondern es braucht die aktive Stärkung einer solidarischen Gesellschaft. Wenn wir uns darauf verlassen wollen, dass die Jugend diesen Wunsch in den Wahlergebnissen, in der Zivilgesellschaft, in der Uni und in zahlreichen Initiativen ausdrückt, dann braucht gerade sie eine Perspektive!