Die 200€-Einmalzahlung ist eine politische Vollkatastrophe auf ganzer Ebene. Dabei sind vor allem drei Gründe zentral: Erstens reichen die 200€ in keinem Fall aus, um die finanziellen Herausforderungen der Studierenden auch nur ansatzweise zu bewältigen. Es braucht eine strukturelle Lösung: Eine BAföG-Reform mit deutlich höheren Regelsätzen und angepasstem Inflationsausgleich, die über die gesamte Dauer des Studiums für alle Studierenden zur Verfügung steht. Damit können zum Beispiel auch steigende Mieten besser bezahlt werden. Zweitens kommen die 200€ viel zu spät. Zwischen der Ankündigung der Einmalzahlung im September und der Auszahlung im März liegen über sieben Monate. Abschließend ist auch klar, dass die Umsetzung mit der notwendigen Anmeldung über BundID viel zu kompliziert und datenschutzrechtlich fragwürdig ist.

Am 4. September des vergangenen Jahres machte das Bundesministerium für Bildung und Forschung eine Ankündigung: Um die Studierenden bei den gestiegenen Kosten finanziell zu unterstützen, sollte schnellstmöglich eine Pauschale von 200€ an alle ausgezahlt werden. Schon damals war klar, dass diese 200€ nicht mehr als ein kleiner Tropfen auf den heißen Stein sein konnten. Die Tatsache, dass etwa 37% der Studierenden unterhalb der Armutsschwelle leben müssen und die BAföG-Erhöhung des letzten Oktobers schon wieder durch die Inflation aufgefressen wurde, kann nicht durch eine einmalige Zahlung von 200€ aus dem Weg geräumt werden. Der Vorschlag der Einmalzahlung war also von Anfang an mehr Schein als Sein..

Doch über die letzten Monate wurde dieser nicht ausreichende Vorschlag immer mehr zu einer Farce und machte einmal mehr deutlich, dass die Interessen der Studierenden im Bundesbildungsministerium augenscheinlich keine Priorität haben. Nach der Ankündigung im September passierte erstmal nichts – monatelang. Während andere Unterstützungsmaßnahmen der Bundesregierung relativ zeitnah umgesetzt wurden, mussten die Studierenden immer weiter auf die 200€ warten. Nach über sieben Monaten Wartezeit beginnt nun mit dem 15. März die Auszahlung. Doch auch diese Auszahlung selbst besteht einfach nur aus einem unfassbar hohen bürokratischen Aufwand.

Die Studierenden sollen sich zunächst ein BundID-Konto einrichten, wobei dieser Zugang selbst mit großen Hürden verbunden ist. Für die Anmeldung ist entweder die Nutzung des digitalen Personalausweises oder ein ELSTER-Zertifikat notwendig – beide Zugangsmöglichkeiten sind dabei nicht einfach zu erhalten und längst nicht weit unter den Studierenden verbreitet. Außerdem bestehen im Zusammenhang mit BundID große datenschutzrechtliche Bedenken. Es entsteht der Eindruck, dass die Bundesregierung die Einmalzahlung von 200€ nutzen will, um die Anmeldung bei der bisher wenig erfolgreichen BundID zu erzwingen. Die einzige erfreuliche Nachricht ist, dass die MLU über das Löwenportal die optionale persönliche PIN zur Verfügung stellt, sodass die Studierenden in Halle zumindest für die Anmeldung bei der BundID auf die schwierigen Zugangsverfahren verzichten können.

Dieser gesamte Prozess macht einmal mehr deutlich, dass studentischen Interessen leider viel zu häufig wenig Priorität bei politischen Entscheidungen eingeräumt wird. Wir fordern als Sprecher*innenkollegium des Studierendenrates der Martin-Luther-Universität die politischen Entscheidungsträger*innen dazu auf, in Zukunft endlich echte Verbesserungen für Studierende zu ermöglichen. Dazu zählt bei der Studienfinanzierung vor allem eine echte BAföG-Reform.

Weitere Informationen zur Kritik an der “Keinmalzahlung” des BMBF findet ihr auf der Kampagnen-Seite des freien zusammenschlusses der student*innenschaften (fzs): https://www.keinmalzahlung200.de/

Darüber hinaus braucht es gerade aufgrund der Ignoranz gegenüber der strukturellen Armut und Krisenanfälligkeit vieler Studierender faire Mieten in den Studierendenwohnheimen, wozu wir uns mit der Petition einsetzen: www.t1p.de/HalleStuWe