Halle soll Standort des neuen Zukunftszentrums Deutsche Einheit werden. Ein großer Erfolg für die Stadt, der mit Investitionen von etwa 200 Millionen Euro für den Bau des Zentrums am Riebeckplatz einhergeht. Allerdings muss die Zukunft auch aktiv von der Stadtgesellschaft gestaltet werden. Es darf kein Mammutprojekt werden, welches am Ende nur zu höheren Mieten, Frust bei den Anwohner:innen und der Durchsetzung von oben führt. Es muss einen Mehrwert für alle bringen. Als Sprecher:innenkollegium des Studierendenrates wollen wir dabei ansetzen, dass es ein Ort der Wissenschaft werden soll. Dementsprechend wurde schon in der Bewerbung Halles häufig auf die zentrale Rolle der Universität verwiesen, Rektorin Claudia Becker war unter anderem auch eine der “Zukunftsbotschafterinnen” für das neue Zentrum.
Die MLU verfügt tatsächlich über viele Fachbereiche und Forschungsschwerpunkte, die sich mit Zukunftsfragen wie zum Beispiel gesellschaftlicher Transformation oder Nachhaltigkeit befassen. Zu nennen wären hier unter anderem das neue Institut für Strukturwandel und Nachhaltigkeit, der Forschungsschwerpunkt “Gesellschaft und Kultur in Bewegung” oder aber das Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung. Dies sind natürlich nur einige Beispiele.
Trotzdem sieht die Zukunft der MLU in der Gesamtschau weit weniger rosig aus. Nach Beschluss des letzten Kürzungsplans im April 2022 ist die Universität gerade mit der Schließung von vielen Studiengängen und Professuren beschäftigt, auch die Immatrikulationszahlen sinken deutlich. In der letzten Sitzung des akademischen Senats wurde außerdem klar, dass trotz der Kürzungen weiterhin ein großes finanzielles Defizit über der Universität wie ein Damoklesschwert schwebt. Die Folge ist eine globale Minderausgabe von 5% mit Stellenbesetzungssperren für Mitarbeiter:innen und anderen Einschränkungen. Vor diesem Hintergrund wirkt die Errichtung des Zentrums, bei allen positiven Effekten auf die Stadt, fast etwas zynisch. Wir freuen uns über die Entscheidung, doch Zukunft hat die Stadt nur mit einer ausfinanzierten Universität.
Dabei wären Lösungen in Sicht. Das neue Zentrum in Halle kann und sollte auch dazu beitragen, der Martin-Luther-Universität wieder eine bessere Zukunft zu geben. Dafür bedarf es aber mehr als nur schöner Worte. Um die Uni Halle aus ihrer aktuellen finanziellen Misere zu bringen, muss die Landesregierung endlich die Grundfinanzierung auf ein angemessenes Niveau heben. Die Entscheidung für das Zukunftszentrum ist dafür genau der richtige Moment. Mit einer guten finanziellen Ausstattung kann die MLU in den bereits beschrieben Themenfeldern ihre Bemühungen, auch in Kooperation mit dem neuen Zentrum, weiter intensivieren, aber auch darüber hinaus kontinuierlich ihren Aufgaben nachkommen, ohne sich ständig selbst verkleinern zu müssen. Damit würde die Universität auch in ihrer Breite gestärkt werden.
So können die Stadt Halle und das Land Sachsen-Anhalt gleich doppelt profitieren. Zum einen wird das Zukunftszentrum viele neue Besucher:innen in die Region locken und auch die wissenschaftliche Arbeit ankurbeln. Verbunden mit einer gestärkten Martin-Luther-Universität kann aber auch die hiesige Hochschule endlich wieder zu einem echten Anziehungspunkt für junge Menschen aus dem gesamten Bundesgebiet werden. Das Zukunftszentrum in Halle ist ein großer Erfolg. Auf diesen muss jetzt aber auch eine zukunftsfähige Politik der Landesregierung folgen, besonders für die Hochschulen in Sachsen-Anhalt.