In der Senatssitzung am 07.12. kommt es ab 13 Uhr im Hallischen Saal zum Showdown: Es wird über einen alternativen Finanzierungsplan in der Politikwissenschaft entschieden, der die eigentlich schon verloren geglaubte Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte doch noch retten könnte. Das Rektorat und einige Senator*innen lehnen diesen Vorschlag jedoch aus nicht überzeugenden Gründen bisher ab. Der Studierendenrat solidarisiert sich mit dem Vorschlag der Politikwissenschaft. Darüber hinaus fordert der Studierendenrat Rektorat und Senat dazu auf, in Zukunft auch anderen Studiengängen und Fakultäten die Möglichkeit einzuräumen, Änderungen am Hochschulentwicklungsplan (HEP) vorzunehmen. Der HEP ist nicht in Stein gemeißelt! Zentral bleibt weiterhin die Forderung an die Landesregierung, die Hochschulen im Land endlich finanziell auskömmlich auszustatten.

Was schlägt der Plan der Politikwissenschaft konkret vor?
Statt die Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte komplett mitsamt der Stellen für Mitarbeiter*innen zu streichen, sollen mehre andere Einsparungen vorgenommen werden: z.B. soll die Entlohnung für die Professur reduziert werden. Auch im Alternativplan werden Stellen gestrichen, ebenfalls zu Lasten der Mitarbeiter*innen – aber verteilt über das Institut für Politikwissenschaft insgesamt, nicht auf einen Bereich allein. Der Plan der Politikwissenschaft wird von der gesamten Philosophischen Fakultät I mit Beschluss des Fakultätsrates unterstützt, sogar so weit, dass auch die Geschichte eigene solidarische Sparmaßnahmen zur Finanzierung angeboten hat.

Ist dieser alternative Plan aber nicht auch ein Kürzungsbeschluss?
Grundsätzlich ja. Auch der alternative Finanzierungsplan aus der Politikwissenschaft beinhaltet Stellenstreichungen, die schmerzhaft sind, da nur auf diesem Weg die nach Hochschulentwicklungsplan bestimmten Gelder eingespart werden können. Deshalb bleibt die Lage auch damit weiterhin angespannt, da die Landesregierung nicht willens ist, die Universität aufgabengerecht auszufinanzieren. Im Ergebnis und für den Moment ist der Vorschlag der Politikwissenschaft die Beste unter den schlechten Alternativen.

Warum ist die Politikwissenschaft bei Ablehnung des Vorschlags in Gefahr?
Ohne die Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte müsste das Politikwissenschaftsstudium komplett neu aufgestellt werden. Aktuell sind die vier Themenbereiche Regierungslehre, Systemanalyse, Internationale Beziehungen und Theorie gleichberichtigt im Studium aufgestellt, somit wäre eine Änderung notwendig. Dafür bleibt aber keine Zeit. Damit die Politikwissenschaft spätestens im März nächsten Jahres akkreditiert werden kann, müssen bereits im Dezember dazu die entsprechenden Pläne vorliegen. Wenn jetzt die Theorie wegfällt, ist eine komplette Neuaufstellung des Studiums nötig. Dies ist bis Dezember einfach nicht zu schaffen. Ohne die Akkreditierung würde der Studiengang dann aber langfristig geschlossen werden.

Wie hängt die Debatte um die Politikwissenschaft mit der allgemeinen Kürzungsdiskussion zusammen?
Die Debatte selbst beschränkt sich zwar lediglich auf die Politikwissenschaft, aber sie zeigt darüber hinaus zwei systemische Probleme in der aktuellen Kürzungsdebatte auf: Zunächst ist einmal mehr klar, dass allein die nicht ausreichende Finanzierung der Martin- Luther-Universität durch Landes- und Bundesregierung dazu führt, dass der Akademische Senat nun unter zwei verschiedenen Kürzungsmaßnahmen auswählen muss. Egal wie die Entscheidung am Mittwoch ausgeht, in beiden Fällen wird das Studium der Politikwissenschaft, genauso wie viele andere Studiengänge, die am Mittwoch nicht auf der Tagesordnung stehen, – an Lehrqualität, Forschungsstärke und Strahlkraft verlieren. Diese Entwicklung hätte mit einer ausreichenden Finanzierung verhindert werden können. Deshalb fordern wir als Studierendenrat auch weiterhin die Landesregierung dazu auf, endlich ihren finanziellen Verpflichtungen gegenüber den Hochschulen im Land (Stichwort Kofinanzierung des Zukunftsvertrages) nachzukommen! Die Martin-Luther-Universität kann langfristig nur eine attraktive Hochschule für die Region und alle Studierende bleiben, wenn die finanzielle Ausstattung den Anforderungen für die Lehre und Forschung in den einzelnen Studiengängen entspricht.

Die zweite Erkenntnis dieser Debatte bezieht sich stärker auf die hochschulinterne Kürzungsdebatte und dabei besonders auf den Hochschulentwicklungsplan, der in seiner partiellen Fortschreibung am 06.04.22 durch den Akademischen Senat beschlossen wurde. Wohlgemerkt mit einer Professor*innenmehrheit, die sich gegen eine fast geschlossene Ablehnung des HEP von Studierenden, wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Mitarbeiter*innen durchsetzte. Dieser HEP ist bereits an anderer Stelle häufig für seine unwissenschaftliche Herangehensweise und das sogenannte „Rasenmäherprinzip“ bei den Kürzungen kritisiert worden. Zusätzlich ist aber besonders kritisch, dass der Plan je nach Studiengängen und Fakultäten mit unterschiedlichen Maßstäben misst. Während einzelne Fakultäten selbst entscheiden durften, wie sie die notwendigen Einsparziele im Rahmen der Kürzungen umsetzen wollen, wurde anderen Fakultäten (wie der Philosophischen Fakultät I und dem Institut für Politikwissenschaft) diese Entscheidung einfach diktiert. Aus dieser fehlenden Entscheidungsfreiheit ergab sich nun auch der Wunsch der Politikwissenschaft, einen alternativen Finanzierungsplan aufzustellen. Wir als Studierendenrat sind der Ansicht, dass nicht nur der Politikwissenschaft diese Entscheidungsfreiheit mit dem Senatsbeschluss gewährleistet werden sollte. Andere Studiengänge und Fakultäten sollten auch die Möglichkeit erhalten, bei Bedarf nochmals Änderung am HEP vorzunehmen. Der HEP ist nur ein Senatsbeschluss und dementsprechend nicht in Stein gemeißelt!