Seit mehreren Wochen tobt im Studierendenrat eine interne Debatte, die nun immer mehr ihren Weg in die Öffentlichkeit findet. Auf der Stura-Sitzung am 15.10.2021 sollte ein Antrag auf Auflösung des Arbeitskreises Antifa, gestellt von der Offenen Linken Liste, der Grünen Hochschulgruppe und der Juso Hochschulgruppe, abgestimmt werden. Der Antrag wurde begründet mit einem nicht mehr vorhandenen Vertrauensverhältnis zwischen dem StuRa und dem Arbeitskreis. Dies wurde unter anderem mit dem Umgang des Arbeitskreises mit der Kritik an zwei Veranstaltungen am 15.09. und 14.10., welche sich inhaltlich mit „Queer- und Transideologie“ (so der Arbeitskreis) auseinandersetzten, begründet. Bereits vor der Sitzung hatte es massiven Gegenwind gegen den Antrag gegeben. Auch den Weg in die lokale Presse fand der Antrag schnell. In der Sitzung selbst wurde er jedoch nicht abgestimmt, da die Antragssteller:innen und der Arbeitskreis einer Mediation zustimmten.

Ab diesem Zeitpunkt war aus der Debatte eine eindeutig Interne geworden, die auch so hätte geführt werden müssen. Eine Debatte intern zu führen bedeutet aus Sicht des Stura, nach innen zu kommunizieren und die öffentlichen Stellungnahmen auf ein Minimum zu reduzieren.

Öffentlicher Diskurs kann, besonders bei kontroversen Themen, einen erheblichen Mehrwert für eine fundierte Meinungsbildung Außenstehender haben. Wird er jedoch in erster Linie mit Falschbehauptungen und Falschinformationen geführt, ist er nicht zielführend und in dieser Form abzulehnen. Das gilt für Einzelpersonen und online-Blogs genauso wie für große überregionale Zeitschriften. Wer einen journalistischen Anspruch hat, wird diesem mit schlecht recherchierten und einseitigen Artikeln, wie es leider zu oft geschehen ist, nicht gerecht.

 Es ist erschreckend und nicht zu tolerieren, wenn Mitgliedern des Stura, die von ihrem Recht Anträge zu stellen Gebrauch machen, Gewalt und Mord angedroht oder schwerwiegende Straftaten, wie Holocaustrelativierung, vorgeworfen werden. Diese Form der Debattenkultur verurteilen wir aufs Schärfste, denn sie vergiftet das Diskussionsklima und macht einen fundierten Streit in der Sache fast unmöglich. Wer einzelne Mitglieder oder Gruppen innerhalb des Stura bedroht oder diffamiert, greift damit das gesamte Gremium an und wird dessen Gegenwind spüren. Der Stura solidarisiert sich klar mit allen betroffenen Beteiligten, insbesondere Felix Stock, welche:r in besonders erschütternder Form namentlichen Drohungen und öffentlichen Herabwürdigungen ausgesetzt war.

Im Laufe der Zeit verschob sich die Debatte mehr und mehr weg vom eigentlichen Ausgangspunkt, dem Auflösungsantrag, hin zu einer Grundsatzdiskussion über das Thema der oben genannten Vorträge. Es wurde aus diesem Grund immer mehr zu einer Debatte, die auf den Rücken von trans* Personen geführt wurde. Es wurde viel über „rote Linien des Sagbaren“ geredet, viel zu selten wurde dabei auf das Wort Betroffener gehört, geschweige denn aktiv das Gespräch gesucht. Eine Debatte, die ausschließlich über und nicht mit trans* Menschen geführt wird, ist keine sinnvoll geführte Debatte. Der Studierendenrat ist ein sicherer Ort für alle Studierenden, ausdrücklich auch für trans* Studierende. Aussagen einzelner Referent:innen des Arbeitskreises Antifa, wie „Wer das Gefühl hat, im falschen Körper geboren zu sein, leidet unter einer psychischen Erkrankung.“, fallen zwar unter die Meinungsfreiheit und sind nicht unsagbar, entsprechen aber ausdrücklich nicht der Haltung und dem Selbstverständnis dieses Studierendenrates und finden dessen scharfe Kritik. Der Studierendenrat empfindet solcherlei Aussagen als diskriminierend und mindestens grenzwertig trans* Personen gegenüber.

Es ist eine Besonderheit, dass sich der Studierendenrat zu internen Diskussionen öffentlich äußert, wo doch interne Debatten in der Vergangenheit, meist mit Erfolg, durch interne Gespräche gelöst werden konnten. Da die aktuelle Diskussion jedoch eine ungeahnte Öffentlichkeit erreicht hat, sieht sich der Stura gezwungen, Stellung zu dem zu beziehen was unter seinem Dach passiert. Wir appellieren ausdrücklich an alle Beteiligten, sich wieder auf einen, hoffentlich erfolgreichen, internen Klärungsprozess zu besinnen und die Debatte nicht weiter auf öffentlicher Bühne zu führen.