Die Meldung aus Niedersachsen hört sich erfreulich an: Der niedersächsische Wissenschaftsminister Lutz Stratmann ließ sich quer durch die Medien der Republik damit zitieren, dass er umfangreiche Änderungen an der derzeitigen Reform vornehmen möchte. In den Aussagen des Wissenschaftsministers zeigt sich, dass die Kernprobleme der Studierenden zumindest erkannt wurden und die Bereitschaft zur Verbesserung der Bedingungen besteht – ob den Worten allerdings auch (wirksame) Taten folgen, bleibt abzuwarten.

In Berlin dagegen scheint man die Zeichen der Zeit nach wie vor nicht erkannt zu haben. Aus der Aussage von Frau Schavan, auf eine Erhöhung der BAföG-Sätze hinwirken zu wollen, spricht unserer Ansicht nach nicht Kooperationsbereitschaft, sondern schlichtweg Ignoranz: Anstatt die Augen zu öffnen und zu erkennen, worum es einem Großteil der Studierenden wirklich geht – nämlich um eine Überdenkung der Konzeption der Hochschulbildung in der Bundesrepublik hinsichtlich Strukturierung und Finanzierung – wird versucht, die Protestierenden mit einer BAföG-Erhöhung „ruhigzustellen“. Diese Überlegung erscheint auch deshalb als blinder Aktionismus, weil eine Erhöhung des BAföGs nur bei einer Minderheit der Studierenden ankommt. Auch wenn diese Maßnahme grundsätzlich zu befürworten ist, ändert sich an den Studienbedingungen nichts!
Die Ministerin scheint seit Juni wenig dazugelernt zu haben – auch damals schon beschäftigte man sich kaum mit den Inhalten der Proteste, sondern beschränkte sich darauf, ein einmaliges Treffen mit Vertretern hauptsächlich der parteinahen Hochschulgruppen (!!!) zu veranstalten, das man sich, im Nachhinein betrachtet, auch hätte sparen können: Erstens war der Teilnehmerkreis nicht sinnvoll gewählt und zweitens ließen die Reaktionen auf das Treffen erkennen, dass auch hier die eigentlichen Probleme nicht thematisiert wurden.
Summa summarum möchten wir an das BMBF appellieren, sich endlich mit den Protestierenden auseinanderzusetzen und substanzielle Unterstützung anzubieten. Aber auch den Ländern und den Hochschulverwaltungen samt ihrer Dekane und Rektoren sei gesagt: Sich gegenseitig den Ball zuspielen und mit dem Finger auf den jeweils anderen zu zeigen, bringt uns Studierenden gar nichts. Reformen, die über Köpfe der Studierenden hinweg entschieden werden, gehen zumeist – und das zeigt sich gerade umso deutlicher – an den eigentlichen Problemen vorbei.
Kommentar von Michael Seifert & Matthias Wellendorf