Positionierung des Sprecher*innenkollegiums vom 02. November 2020.
Mit großem Unverständnis haben wir einen Teil der neuen Regelungen im Rahmen der ab dem 02. November geltenden Einschränkungen in Sachsen-Anhalt1 vernommen, welche äquivalent zu kommerziellen Gaststätten aber im Gegensatz zu Kantinen der Landesbehörden auch für die Einrichtungen der Hochschulgastronomie (Mensen der Studentenwerke) eine Schließung für den Monat November vorsehen, sodass diese lediglich einen To-Go-Betrieb anbieten können. Wir erkennen den Wunsch der Landesregierung an, mit stringenten Maßnahmen eine Eindämmung der zweiten Welle des Corona-Virus zu erreichen – auch wir erachten konsequentes Handeln hier für unerlässlich. Wir stehen darüber hinaus voll und ganz hinter der Aufforderung, die physischen Kontakte so weit wie möglich zu reduzieren und rufen auch die Studierenden dazu auf. Darüber hinaus muss natürlich flexibel auf eine mögliche weitere Steigerung der Infektionszahlen und potentiell notwendige Lockdowns reagiert werden. Nichtsdestotrotz müssen wir darauf hinweisen, dass der gegenwärtige Status Quo mit Blick auf die Öffnung der Mensen problematisch ist.
Seit Monaten schon bereiten sich die Hochschulen des Landes auf verschiedene Szenarien vor, um im Wintersemester eine qualitativ hochwertige Lehre anzubieten. Es wurden große Anstrengungen unternommen, um einen Fahrplan zu finden, welcher den Hochschulen ermöglicht, auf die in einer Pandemie häufig kurzfristigen Änderungen der Situation zu reagieren. Unter anderem auf Wunsch der Landesregierung wurde dabei darauf geachtet, auch Wege für eine eingeschränkte Präsenzlehre zu finden, um die ausschließliche Lehre im digitalen Raum, wie sie im Sommersemester größtenteils betrieben werden musste, zu vermeiden. Bei der Befragung der Hochschulangehörigen der MLU Halle-Wittenberg im Rahmen des „Universitätsbarometers“2 im Sommer bedauerte eine große Mehrheit aller befragten Statusgruppen die fehlende persönliche Interaktion in der eigenen Gruppe und zwischen den verschiedenen Gruppen. Akademische Lehre lebt vom direkten Austausch und Miteinander! Weiterhin berichteten viele Studierende von einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit im Rahmen der Heimarbeit. Generell herrscht daher zumindest innerhalb der MLU ein breiter Konsens, dass ein vollwertiges universitäres Studium nicht ausschließlich im digitalen Raum stattfinden kann. So sollte insbesondere Erstsemesterstudierenden ein Veranstaltungsprogramm angeboten werden, welches nach Möglichkeit viele Präsenzveranstaltungen beinhaltet. Die Lösung für das aktuelle Wintersemester lautete also folgerichtig: Hybridlehre, welche zum Teil im digitalen Raum und zum Teil in Präsenz stattfindet.
Wo steckt dabei nun der Bezug zur Öffnung der Flächen der Mensen? Die Öffnung der Einrichtungen der Hochschulgastronomie auch außerhalb ihrer üblichen Öffnungszeiten sind notwendig, um Studierenden im hybriden Lehrbetrieb an den Hochschulen einen Aufenthaltsraum zu bieten, während diese entweder auf die kommende Veranstaltung warten oder Lüftungszeiten in den Räumen eingehalten werden müssen. Spontane Gruppenbildung vor Veranstaltungsräumen und Flächen der Universität sowie die Anreise der Studierenden mit öffentlichen Verkehrsmitteln sind die Momente der größten Ansteckungsgefahr. Die Verfügbarkeit von Aufenthaltsräumen, in denen eine Einhaltung von Hygienerichtlinien und Abständen möglich ist, ist daher zwingend notwendig, um spontane Gruppenbildung auf den und um die Campusse der Universität zu minimieren.
Freilich muss hier ein schwerer Spagat gegangen werden zwischen Eindämmung einer potenziell tödlichen Viruserkrankung und einer universitären Lehre, die einem Hochschulstudium angemessen ist. Allerdings bringt bereits die Schließung der Einrichtungen der Hochschulgastronomie die hybride Lehre an den Universitäten in Gefahr – und das, obwohl die Hochschulen mit umfangreichen Konzepten auf die Situation vorbereitet sind.
Wir fordern daher die Öffnung der Mensen der Studentenwerke! Geben wir den Hochschulen die Möglichkeit, das Funktionieren hybrider Lehre in diesen unwägbaren Zeiten unter Beweis zu stellen!
1: 2. Änderungsordnung der Achten Eindämmungsverordnung vom 30.10.2020
2: Ergebnisse noch nicht öffentlich als Übersicht verfügbar.