Seit Freitag, dem 13. Januar 2023, ist die Besetzung des Audimax beendet. Wir danken den Besetzer*innen für ihr großes Engagement und allen Beteiligten für das gegenseitige Verständnis. Wir halten die Besetzung für ein legitimes und angebrachtes Mittel. Dennoch verstehen wir Unmut über zusätzlichen Aufwand oder Online-Lehre selbstverständlich. Gerade deshalb wollen wir die breite Akzeptanz des legitimen politischen Mittels der Besetzung unterstreichen. Als Studierendenrat der MLU stellen wir uns hinter das Statement des Sprecher*innenkollegiums zur Solidarisierung mit der Besetzung und möchten insbesondere die Einigung zwischen „EndFossil: Occupy! Halle“ und dem Rektorat hervorheben.
Die Verhandlungen zwischen Besetzer*innen und Rektorat, zu denen auch die Vorsitzenden Sprecher*innen beratend geladen wurden, zeigen deutlich die positiven Resultate der Besetzung auf. Das gemeinsame Papier enthält neben einer Veröffentlichung bereits bestehender Pläne an der MLU auch einige Neuerungen. Zu nennen sind hier etwa der ASQ-Kompetenzbereich „Nachhaltigkeit und globale Klimagerechtigkeit“, die verstärkte Sichtbarmachung klimagerechter Ansätze in Forschung und Lehre, die Fortführung eines transparenten und hochschulöffentlichen Dialoges und die mögliche Einrichtung eines Nachhaltigkeitsgremiums. Im Zentrum steht das Ziel der Klimaneutralität 2030, welche laut Papier erreicht werden muss. Die Forderungen der Besetzer*innen waren noch weitergehend, dennoch bewegt sich die Universität einige Schritte weiter auf die Klimaneutralität zu. Wir möchten damit verbunden auf die Einladung des Rektorates auch an die Studierenden hinweisen, sich partizipativ in die entsprechenden Prozesse einzubringen.
Klimaschutz und die Verantwortung der Hochschule
Diese Beteiligung ist aktuell notwendiger denn je, da die Bekämpfung des Klimawandels vor entscheidenden Weichenstellungen steht. Die bundespolitisch geführten Debatten über vermeintliche Sachzwänge, die bei der massiv zu kritisierenden Räumung des Dorfes Lützerath (Kreis Heinsberg) maßgeblich gewesen sein sollen, sowie über den Wiedereinstieg in die Kernkraft bringen uns nicht weiter. Stattdessen muss der konsequente Ausbau erneuerbarer Energien im Fokus stehen. Dieser gelingt aktuell aufgrund von politischen Entscheidungen nicht in einem ausreichenden Maß. Dies gehört endlich in den Mittelpunkt der öffentlichen Debatten.
Die Hochschulen haben hier eine besondere Verantwortung, der sie bisher nicht in ausreichendem Umfang nachkommen. Sie müssen sich nicht nur als Einrichtungen einer früheren Klimaneutralität verpflichten, sondern ihre wissenschaftliche Expertise in Forschung und Lehre ausbauen und Perspektiven zur globalen Klimagerechtigkeit aufzeigen. Dabei darf keine Verengung auf die naturwissenschaftlichen Bereiche stattfinden, auch wenn diese mit der Vermittlung von Wissen zum menschengemachten Klimawandel und der Forschung zu Gegenstrategien zurecht im Fokus stehen. Die geistes- und sozialwissenschaftlichen Studiengänge, die sich mit Folgen der Klimakatastrophe, sowie politischen, sozialen und kulturellen Antworten darauf beschäftigen, sind ebenso gefragt. So interpretieren wir auch die Einrichtung von Nachhaltigkeitsmodulen in der Lehre: Nicht nur als verpflichtendes Detailwissen zur Klimaforschung, sondern auch als Beschäftigung mit Ursachen und Folgen der Krise – unter Anleitung von Dozierenden oder auch selbstorganisiert von Studierenden für Studierende.
Zuletzt möchten wir als Vertreter*innen der Studierendenschaft noch darauf hinweisen, dass wir die Hochschulen für politische Orte halten, die von den Studierenden und Mitarbeiter*innen, die in der Hochschuldemokratie extrem unterrepräsentiert sind, gemeinsam gestaltet werden müssen. Man muss mit den Inhalten einer demokratischen Besetzung nicht einverstanden sein, um eine sinnlose und letztlich von kaum jemandem gewünschte Räumung abzulehnen. Deshalb stellen wir uns klar gegen die wenigen Stimmen, die diese gefordert haben. Wir möchten zu bedenken geben, dass sich hier hinter der Fassade der Rechtsstaatlichkeit eine Überlegung zu verbergen scheint, die genau diese untergräbt. Wer gegen jede Form von zivilem Ungehorsam, die den Alltag teilweise unterbricht, nach polizeilichem Durchgreifen ruft, sorgt nicht nur für unnötige Überstunden, sondern greift in diesem Fall auch die Autonomie der Hochschule an. Eine demokratische und besonnene Diskussion zeichnet sich, gerade wenn es keinerlei Gefahr gibt, durch die Abwesenheit von Repression aus.
Die Umsetzung der oben hervorgehobenen Forderungen hängt auch davon ab, ob der Dialog über Klimaneutralität und Klimaschutz weitergeht. Für die MLU ist es dabei ebenso wichtig, dass diese Diskussion auf der Landesebene wahrgenommen wird, wo gerade über den Landeshaushalt für 2023 verhandelt wird. Denn die MLU kann nur in zentralen Zukunftsfragen gestalterisch tätig sein, wenn sie nicht beständig unter Kürzungszwang steht. Um die anstehenden Probleme gut lösen zu können, braucht es deshalb ein Ende des Bildungsabbaus und die Ausfinanzierung der Hochschulen in Sachsen-Anhalt. Als Studierendenrat fordern wir das in diesem Landeshaushalt erneut ein.