Foto: Theo John
Über 7000 Menschen haben heute in Halle gegen die Kürzungspläne der Landesregierung demonstriert. Studierende, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Professorinnen und Professoren, der Rektor – ein breites Bündnis war heute gemeinsam auf der Straße, um Widerstand gegen die Kürzungsmaßnahmen Ausdruck zu verleihen. Im Vorfeld hatten viele Fachbereiche ihre Angehörigen zur Teilnahme an der Demonstration und Kundgebung aufgefordert, an vielen Stellen wurden dafür extra Lehrveranstaltungen ausgesetzt.
Auf der Kundgebung auf dem Marktplatz sprach auch der Vorsitzender Sprecher des Studierendenrates Clemens Wagner. Nachfolgend die gesamte Rede.
Liebe Studierende, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, liebe Kollegen und Kolleginnen, werte Professorinnen und Professoren, liebe Hallenserinnen und Hallenser!
Wir sind heute hier, weil es eine unmittelbare Bedrohung für unsere Ausbildung an den Hochschulen und auch für die Medizin gibt. Dabei hätten wir auch so genug Grund zu demonstrieren. Denn die Hochschulen haben bereits jetzt schon zu wenig Geld. Das merken die Studierenden an übervollen Seminaren und Vorlesungen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an extrem kurz befristeten Verträgen und Viertel- oder halben Stellen. Aber trotz der Unterfinanzierung der Hochschulen will die Regierung Haseloff noch weiter die Mittel kürzen. Dazu sagen wir entschieden NEIN!
Für die Kürzungen werden ja die interessantesten Begründungen gesucht. Finanzminister Bullerjahn hat sich da bisher sehr kreativ im Umgang mit Zahlen gezeigt. Aber auch von Herrn Möllring war heute aus der Presse Interessantes zu vernehmen: Sie, Herr Möllring, glauben dass die Studierenden ein überschaubarer Wirtschaftsfaktor seien.
Ich bin ja mittlerweile daran gewöhnt, dass Finanzminister nicht mit Zahlen umgehen können. Dass aber ein ehemaliger Finanzminister, der sich nun in Wissenschaft und Wirtschaft versuchen darf, offensichtlich nicht einmal lesen und rechnen kann, verwundert mich dann schon sehr.
Denn wenn Sie, Herr Möllring, nachgelesen hätten, beispielsweise in der Studie „Die Uni Halle als regionaler Wirtschaftsfaktor“, und wenn Sie die paar Zahlen daraus noch zusammengerechnet hätten, wären Sie wohl kaum zu jener Aussage gekommen, die Kaufkraft von Studierenden sei sehr überschaubar.
Oder aber Finanzminister haben durch die zahlreichen Beinahe-Pleiten der Landesbanken ein gestörtes Verhältnis zu Zahlen. Ich finde jedenfalls, dass die 212 Millionen Euro, die wir halleschen Studierenden gemeinsam ausgeben, durchaus ein enormer Wirtschaftsfaktor sind.
Vielleicht kann man Ihre Aussage noch entschuldigen, weil Sie diese heute um kurz vor 6 Uhr morgens getätigt haben. Ich meine, um solch eine Uhrzeit gebe ich auch noch nichts Gehaltvolles von mir. Der Unterschied ist, ich gebe um die Uhrzeiten auch kein Radiointerview, Herr Möllring.
Aber zurück zur Wirtschaftskraft:
Wir können mit Ihnen dann anschließend ja mal gern in die Kleine Ulrichstraße gehen und in den Cafés und Kneipen fragen, wie die dort Arbeitenden es fänden, wenn die Hälfte der Kundschaft wegbliebe. Der Stura Magdeburg besucht mit Ihnen bestimmt auch gern die Kneipen am Hasselbachplatz. Da werden Sie zu ähnlichen Ergebnissen kommen. Die Leute, die dort arbeiten, werden die Politik der Regierung Hasseloff nicht wollen. Denn die Menschen werden diese Kahlschlagspolitik unmittelbar im Geldbeutel und in der Kasse des Unternehmens spüren.
Was mich aber noch viel mehr verwundert hat: Wie kann man denn davon sprechen, dass die Hochschulen bei Kürzungen von über 76,5 Millionen Euro nicht geschwächt werden?
Das ist auch so ein finanzielles wie inhaltliches Rätsel, ebenso wie die angeblich so exorbitant hohen Kosten pro Studierenden, die Ihr Kollege Bullerjahn ausgerechnet hat. Diese Rätsel dürfen Sie mir und allen anderen gern mal auflösen. Aber vermutlich werden Sie das nicht schaffen. Weil es schlicht nicht geht!
Ich skizziere Ihnen mal, Herr Möllring, sowie allen Anwesenden, kurz die Dimensionen der Kürzungspläne von Herrn Haseloff und Herrn Bullerjahn.
Wenn Sie 76,5 Millionen Euro wegkürzen wollen im Bereich von Wissenschaft und Forschung dann heißt das:
Kein Geld mehr für Doktorandinnen und Doktoranden, keine Förderung mehr für Spitzenforschung in Sachsen-Anhalt. Keine Investitionen mehr in die Studentenwerke, was dazu führen wird, dass nicht nur das Mensaessen teurer wird, nein, auch der Semesterbeitrag wird nächstes Jahr um weitere 10 Euro für jeden steigen.
Und das waren jetzt noch die verhältnismäßig kleinen Posten. Die 50 Millionen Euro für die Hochschulen dürften nämlich folgendes bedeuten:
Es wird die Hochschule Harz, die Hochschule Magdeburg-Stendal und die Burg Giebichenstein geschlossen. Oder wenn wir diese Universität nehmen, dann würde es die Schließung der Naturwissenschaftlichen Fakultät 1 und 3, der Juristischen-und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät sowie der Philosophischen Fakultäten 1 und 2 bedeuten. Für Magdeburg würde ein solches Szenario ähnlich gravierend aussehen. Wie war das doch gleich noch mal? Kürzungen sind keine Schwächung der Hochschulen?
Dies macht mehr als deutlich: die Landesregierung will mit der Brechstange die Kürzungen umsetzen. Koste es, was es wolle. Das ist für uns alle das Signal, eng zusammenzustehen, gemeinsam solidarisch zu kämpfen. Es geht nicht nur um die Universitätsmedizin. Es geht nicht nur um die die Uni Halle. Es geht um die Bildung in diesem Land. Es geht darum, dass die heutige und die folgenden Generationen eine gute Bildung bekommen. Es geht darum, dass wir und die folgende Generation weiterhin einen breiten und möglichst unversperrten Weg zur Bildung haben. Es geht um die Bildung und auch den Zusammenhalt der Gesellschaft.
Wir an den Hochschulen dürfen uns nicht auseinanderdividieren lassen. Dazu ist das Hochschulbündnis Sachsen-Anhalt eine gute Basis. Wir müssen aber auch verhindern, dass Kindergärten gegen Schulen, diese gegen die Kultur und jene gegen die Hochschulen ausgespielt werden. Dies alles hat seinen Wert und ist wichtig für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Lasst uns also kämpfen für einen Politikwechsel, für eine Gesellschaft, in der Kultur und gute Bildung möglich ist. Lasst uns gemeinsam für den Erhalt der Hochschulen kämpfen.
Den Studierenden möchte ich zum Schluss noch zurufen: Am 14. Mai sind Hochschulwahlen, geht wählen! Die Studierenden brauchen jetzt mehr denn je eine starke Stimme, dafür sind die Wahlen wichtig.
Vielen Dank.