Protest am 23. September 2023 in Halle

Unter dem Motto „Schule muss anders“ wird am 23. September in Halle Protest stattfinden, der vor allem von den Schulen ausgeht und vom Stadtschülerrat mitorganisiert wird. Als Studierendenrat der MLU unterstützen wir das, wollen ebenfalls auf die Straße gehen und rufen alle Kommiliton*innen auf, das ebenfalls zu tun.

Denn der Bildungsprotest ist nötiger denn je. Gerade in den letzten Krisen hat sich gezeigt, dass die Schulen auf dem Zahnfleisch gehen. Marode Schulgebäude, in Halle etwa die Grundschule Westliche Neustadt oder die Grundschule Südstadt, beherbergen viel zu viele Schüler*innen und viel zu wenige Lehrer*innen, die immer häufiger ausgebrannt sind, soziale Verwerfungen und Krisen aller Art ausbaden sollen und zum Dank noch zur zwangsweisen Mehrarbeit verdonnert werden.

Gerade in Sachsen-Anhalt ist der Lehrer*innenmangel so extrem, dass regulär nicht nur Unterricht ausfällt, sondern auch ganz Fächer nicht mehr unterrichtet werden. Mehr Freizeit bedeutet das für die Schüler*innen allerdings nicht, denn die zu erbringenden Leistungen werden trotzdem abgefragt und die soziale Exklusion damit sogar noch verschärft.

Denn die Bildungspolitik reagiert auf diese Missstände nicht mit massiven Investitionen, dem nachhaltigen Ausbau der Studienplätze oder einer fairen Umgestaltung des Schulsystems, sondern mit mehr von dem, was die Schulen zu Einrichtungen der „Aufbewahrung“ und der Konkurrenz macht. In Sachsen-Anhalt wurden die Versetzungsregeln verschärft, damit mehr Kinder auf den Hauptschulzweig landen und eine kürzere Zeit beschult werden müssen. Es wird generell proaktiv versucht, möglichst viele Schüler*innen möglichst schnell loszuwerden – damit hat Sachsen-Anhalt „Erfolg“ und eine der höchsten Schulabbrecher*innenquoten überhaupt.

Das ist auch für Studierende mehr als relevant, denn nicht nur werden viele von uns vielleicht eines Tages Lehrer*innen und wollen wahrscheinlich nicht in einem System arbeiten, welches Schüler*innen derart behandelt. Auch hängt diese auf rein kurzfristige Effekte zielende Bildungspolitik mit dem Problem der Unterfinanzierung der MLU zusammen. Denn auch im Lehramtsbereich reichen die (vielfach befristeten) Mittel hinten und vorne nicht, was dazu führt, dass sich Studienverläufe unfreiwillig massiv verzögern und der Stress zunimmt.

Ohnehin lässt sich keine Trennung zwischen Schüler*innen und Studierenden vornehmen: Beide Gruppen sind Teil des Bildungssystems, werden im negativsten Sinne des Wortes beschult, leiden unter neoliberaler Kürzungspolitik und unter einem kapitalistischen Bildungsapparat, der nicht allen (möglichst) alles, sondern nur einigen mehr beibringen will, um am Ende in Oben und Unten unterteilen zu können.

Der Bildungsprotest kommt zu einer Zeit, in der diese Trennung nicht nur zwischen Studienfächern und Schulformen existiert, sondern diese auch zwischen den einzelnen Schulen und Hochschulen zunimmt. Auf der Ebene der Schulen sehen wir ganz deutlich, wie stark Schulen in „Randgebieten“ vernachlässigt werden, was dazu noch ihren Ruf („Brennpunkt“) verschlechtert. Im Hochschulbereich bilden sich dauerhaft „exzellente“ Hochschulen heraus, die in einzelnen Fachbereichen einen „exzellenten“ Ruf erkämpfen – mit der Konsequenz, dass die anderen dann nur noch „normal“ oder gar „schlecht“ sind, obwohl sich an der tatsächlich geleisteten Arbeit überhaupt nichts verändert hat.

Vor dem Hintergrund der dauerhaften Krise im Bildungssystem werden sich in diesem Sinne Gewinner*innen und Verlierer*innen herausbilden, erstere werden gefördert, letztere verwalten das Elend. Um Wissenschaft oder Bildung geht es dabei nicht, vielmehr zählt nur die relative und quantifizierbare „Leistung“. Insgesamt wird weniger Wissen produziert, werden weniger Fähigkeiten vermittelt.

Halle und Sachsen-Anhalt werden dabei erfahrungsgemäß nicht zu den Gewinner*innen zählen, auch wenn sich die Landespolitik gerne diesbezüglich Illusionen macht. Als Studierende und Schüler*innen der größten und ärmsten Stadt eines der ärmsten Bundesländer ist es also in unserem unmittelbaren Eigeninteresse, Druck auf die Politik auszuüben und alle nur denkbaren progressiven Bildungsproteste zu unterstützen!

Deshalb bitten wir euch darum: Kommt am 23. September auf die Straße und macht deutlich, dass sich etwas ändern muss!