Bildung ist, vertraut man auf Deutschlands Bildungspolitiker, eines der wichtigsten Instrumente, um dahin darbende Landstriche innerhalb von wenigen Dekaden zu blühenden Landschaften zu entwickeln. Hochschulen werden dabei schnell zu Leuchttürmen stilisiert, die dafür sorgen, dass auch bei Entlassungswellen in Krisenzeiten genügend gesellschaftliche Leistungsträger übrig bleiben um Kommunen, Ländern und Bund genügend Steuermittel zu kommen lassen.
Dies gilt allerdings nicht für Sachsen-Anhalt. Hier spielt Bildung eine eher untergeordnete Rolle, wahrscheinlich weil im „Land der Frühaufsteher“ eher darauf gesetzt wird, genügend Arbeitskräfte für die zahlreichen Fabriken bereitzuhalten. Denn pünktlich ab 6.00 Uhr morgens beginnt die Frühschicht, um die unzähligen Industrieerzeugnisse herzustellen, die aus dem Bundesland jährlich ausgeführt werden. Gut ausgebildeter Nachwuchs ist zu vernachlässigen, vielleicht sogar hinderlich, mag man sich bei der Landesregierung in Magdeburg denken. Schließlich könnte dieser nach höheren Ehren streben und sich den rund um die Uhr rotierenden Fließbändern verweigern.
Diese Auffassung scheint man zumindestens im Finanzministerium Sachen-Anhalts und kürzt weiter fleißig an den Universitäten. Nach einem Personalentwicklungskonzept sollen bis zum Jahr 2020 fast 900 Stellen eingespart werden. Die ersten 445 Angestellte sollten dabei bis 2015 ihre Anstellung im Hochschulbereich verlieren. Nun möchte man hier möglichst noch schneller zu greifbaren Ergebnissen kommen und plant Sellenabbau von den Universitäten schon bis 2011 einzufordern. Dies würde allein für die Martin-Luther-Universität bedeuten, 180 Arbeitsplätze abzuwickeln – mit fatalen Folgen für die Ausbildung an unsere Universität: Auf längere Sicht würde kaum eine offene Stelle neubesetzt. In den Fakultäten müssten das Lehrangebot soweit reduziert werden, dass verpflichtende Angebote nur noch gerade so abgedeckt werden könnten, wahrscheinlich verstärkt durch Lehraufträge. Zusätzliche Angebote würden wohl gänzlich entfallen. Selbst über die Schließung einer weiteren Fakultät – nach der der Ingenieure – müsste an der MLU nachgedacht werden. Liebe Mauerblümchen-Fach-Studierende, Euer Studiengang könnte bald der nächste sein! Auch alle anderen Studierenden können den neuen Zeiten freudig entgegen sehen. Sie werden in Zukunft mit veralteter Technik versuchen müssen zu verstehen, wie neuartige Prozesse auf modernen Geräten funktionieren könnten. Zum Glück brauchen sie aber nicht mehr in der Bibliothek nach Informationen dazu zu fahnden. Denn selbst wenn es noch einige wenige neue Bücher in den Fundus schaffen sollten, wird die Tür verschlossen bleiben. Schließlich hat auch die letzte vorhandene Fachkraft irgendwann mal Feierabend.
Fraglich allerdings bleibt dann, was mit den zahlreichen Neubauten werden soll, die mit Mitteln der Konjunkturpakete großzügig über frühaufstehende Baufirmen verteilt werden. Die Arbeiten am Campus Heide-Süd sind in vollem Gange und auf dem derzeitigen Gelände der Fakultät für Agrar- und Ernährungswissenschaften, zwischen der Ludwig-Wucherer und der Emil-Abderhalden-Straße, wird ein neues Geistes- und Sozialwissenschaftliches Zentrum geplant. Denn Mittel der Konjunkturpakete durften und dürfen zwar gern für Bildung ausgegeben werden, aber nur dann, wenn sie sich unmittelbar in Beton ausdrücken lassen. Und ob sich am Ende in diesen grauen leeren Wänden noch jemand mit Freude aufhalten und lernen will, spielt auf der landespolitischen Ebene scheinbar keine Rolle. Es ist ganz offensichtlich: Gut ausgebildete Fachkräfte, die die wirtschaftliche Entwicklung des Landes tragen könnten, werden nicht gebraucht. An den Fließbändern zwischen Halle und Magdeburg kann man sich vor Arbeit kaum retten und daher sind neue Straßen für die zahlreichen Sportwagen auch viel dringlicher als alles andere…