Der StuRa Uni Halle bedauert, sich von den Kritischen Einführungswochen (KEW) 2025 distanzieren zu müssen. Die KEW waren über Jahre fester Bestandteil des Wintersemesters an der MLU, bei dem studentische Gruppen und Initiativen selbstorganisiert ein vielfältiges Programm auf die Beine stellten, um die offiziellen Orientierungstage der MLU zu ergänzen und Interessierten einen Einstieg in studentisches Engagement an und um die Universität zu bieten. Wir finden es sehr beachtenswert, dass sich Student*innen ehrenamtlich die Mühe machen und Veranstaltungen von über 50 Gruppen koordinieren. Der StuRa trat dabei als Hauptförderer auf, stellte den SSR zur Verfügung und fungierte als Multiplikator für die Öffentlichkeitsarbeit.

Bereits letztes Jahr haben wir uns von der versuchten Vereinnahmung der KEW durch die Gruppe Students for Palestine (SfP) distanziert. Nun hat die größtenteils neu besetzte Orga die Gruppe in diesem Jahr explizit eingeladen, obwohl sie wiederholt durch antisemitische Äußerungen, Postings sowie Veranstaltungen aufgefallen ist. Unsere Distanzierung im letzten Jahr war dadurch begründet, dass SfP die antisemitischen Gräueltaten des 7. Oktobers 2023 zum Jahrestag als “heldenhaften Widerstand des palästinensischen Volkes” verklärte[1]. Der Post ist noch online, dadurch müssen wir davon ausgehen, dass SfP noch immer noch den gleichen Standpunkt vertritt. Deshalb ist es uns als Stura nicht möglich, Veranstaltungen, die mit dem SfP zusammenhängen, zu fördern.

Im Mai diesen Jahres plante SfP dann eine Veranstaltung unter dem Titel “Völkermord in Gaza” mit Helga Baumgarten und Norman Paech[2]. Beide sind in Sachen Antisemitismus kein unbeschriebenes Blatt. Baumgarten gilt seit Jahren als Apologetin islamistischen Terrors in Nahost. Die Einstufung der Hamas als Terrororganisation bezeichnete sie als verkürzt und betrauerte nach seiner Tötung Hamasführer Yahya Sinwar[3], der als federführend für den größten Massenmord an Jüd*innen seit dem Holocaust gilt, als “historischen Helden” und “Ikone des Widerstands”.
Paech ist Teil der alten Friedensbewegung, die sich höchstens unzureichend von rechtem und antisemitischem Gedankengut abgrenzt und sich nicht unerheblich mit der seit 2020 entstandenen Querdenkerbewegung überschneidet. Bereits seit seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter bezieht er regelmäßig antizionistische Positionen, deren strukturelle Nähe zu klassisch antisemitischen Stereotypen und Narrativen wiederholt kritisiert wurde und relativiert islamistischen Terror gegen Israel.
Jedoch kann man Paech nicht nur diese mangelnde Abgrenzung zum Vorwurf machen, zur Kritikabwehr weigert er sich auch hartnäckig zu verstehen, was Antisemitismus überhaupt ist, etwa 2017 im verschwörungsideologischen Magazin Rubikon, wo er in Abrede stellte, Kritik des “Finanzkapitalismus” oder Regierungskritik könne (etwa in Form von Marionettennarrativen) antisemitisch sein. Im Rubikon Magazin schreiben auch 9/11-Truther und Corona-Leugner*innen.

Des Weiteren gibt es eine Vielzahl gemeinsamer Posts und Demonstrationsaufrufe mit der Gruppierung Handala Leipzig, die vom sächsischen Verfassungsschutz als “erwiesen extremistisch” geführt wird. Am 8. Oktober 2023 postete Handala Leipzig die namensgebende Comicfigur an einem Gleitschirm und glorifizierte die antisemitischen Massaker des Vortages als Akt vermeintlichen Widerstands. Auch wenn der entsprechende Post inzwischen gelöscht wurde, wird der 7. Oktober in Redebeiträgen der Gruppe auf Demonstration immer wieder legitimiert und verklärt, die antisemitische und islamistische Gewalt der Hamas relativiert. Teilweise solidarisierte man sich sogar mit der Hamas oder verhöhnte Opfer des 7. Oktobers[4]. Natürlich sind gemeinsame Demonstrationsaufrufe in diesem Licht besonders kritisch zu sehen, bildet SfP doch hier eine Art Brückenkopf, der es Gruppen wie Handala Leipzig überhaupt erst ermöglicht, ihren Antisemitismus nach Halle zu tragen.

Als StuRa wollen wir niemandem vorschreiben, ob und wie man sich zum Nahost-Konflikt zu verhalten hat, gleichzeitig ist bei der offenen Verherrlichung antisemitischen Terrors für uns jede rote Linie deutlich überschritten. Wir finden es völlig legitim, auf das Leid in Gaza aufmerksam zu machen. Der von SfP betriebene Antisemitismus ist dafür kein valides Mittel.
Da die Organisator*innen in Gesprächen jedoch auf diese vermeintlich wichtige Perspektive bestanden, scheidet jede weitere Zusammenarbeit mit der KEW für uns aus – zumindest bis auf Weiteres. Ebenfalls lassen wir gerade prüfen, inwiefern es möglich ist, uns schon dieses Jahr als Hauptförderer aus der KEW zurückzuziehen.

 

[1] https://www.instagram.com/p/DA0nlz0MjlX/ 2ter Slide (abgerufen 08.09.2025)

[2] https://www.instagram.com/p/DJjv-WlsMzB/ (abgerufen 08.09.2025)

[3] https://www.20min.ch/story/neue-eskalation-schweizer-palaestina-freunde-teilen-liebeserklaerung-an-toten-hamas-chef-103214305 (abgerufen 09.09.2025)

[4] Sächsischer Verfassungsschutzbericht 2024 Seite 231