Als Studierendenrat der Martin-Luther-Universität begrüßen wir die Kritik am Universitätsklinikum Halle, welches eine herausragende Institution für die öffentliche Gesundheit ist, sich aber zu Unrecht als Maximalversorger bezeichnet. Denn Schwangerschaftsabbrüche nach der Beratungsregelung werden dort, wie an den anderen großen Kliniken Halles, nicht durchgeführt. Zwar gilt unsere Kritik dahingehend auch dem Elisabeth-Krankenhaus oder anderen entsprechenden Einrichtungen, nichtsdestotrotz erwarten wir als Studierendenrat einer Universität, die mit dem UKH untrennbar verbunden ist, mehr von einer öffentlichen Einrichtung wie dieser.
Denn das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche ist überall bedroht. Polen, Ungarn oder die USA zeigen uns, dass es möglich ist, das Rad der Zeit und damit die Erfolge vergangener feministischer Kämpfe zurückzudrehen. Während es in Deutschland mit der Abschaffung von §219a StGB einen kleinen Erfolg gab und das unsägliche Werbeverbot nun gekippt wurde, sehen reaktionärer Abtreibungsgegner*innen (sogenannte “Lebensschützer”) in den Erfolgen gegen das Recht auf Selbstbestimmung eine Aufforderung, ihre Aktivitäten auch hierzulande zu verstärken. Und damit haben diese Akteur*innen Erfolg. Nicht nur ist es gelungen, dass das Thema weiterhin tabuisiert wird, auch Abbrüche selbst werden gesellschaftlich stigmatisiert. Ärzt*innen, die Abbrüche nach der Beratungsregelung anbieten, haben oftmals Angst vor radikalen Abtreibungsgegner*innen und versuchen anonym zu bleiben. Medizinstudierende kommen kaum mit dem Thema in Berührung oder müssen die Lücke selbstorganisiert füllen (zum Beispiel durch “Papaya-Workshops”). Das führt dazu, dass das Angebot immer geringer wird. Es gibt Bundesländer, in denen kaum noch Abbrüche nach der Beratungsregelung durchgeführt werden können, weil die Ärzt*innen sie schlicht nicht anbieten. Für die Betroffenen bedeutet das lange Wege, höhere Hürden und Stress – es schränkt sie in ihrer freien Wahl massiv ein.
Um die Situation nicht weiter zu verschlimmern und dem antifeministischen Rollback gegen Schwangere etwas entgegenzusetzen, ist es jetzt notwendig, sich für die Selbstbestimmung stark zu machen. Dazu gehört auch, den von “pro familia Halle” (https://www.mz.de/lokal/halle-saale/nur-zwei-praxen-kritik-an-schlechtem-zugang-zu-abtreibungen-in-halle-1678448) als schlecht bezeichneten Zugang zu Abbrüchen nach der Beratungsregelung zu verbessern. Dafür muss das UKH Verantwortung übernehmen und das Thema der Schwangerschaftsabbrüche nicht nur verpflichtend und breit in der Lehre verankern, sondern allen qualifizierten Ärzt*innen erlauben, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen. Bis dahin unterstützen wir als Studierendenrat alle Gruppen, die selbstorganisierte Bildungsarbeit dazu anbieten oder auf die unhaltbaren Zustände hinweisen. Wir fordern den Klinikumsvorstand des UKH, die Leitung der medizinischen Fakultät und das Rektorat dazu auf, sich nachdrücklich für eine Verbesserung der Lage einzusetzen!