Mit Empörung haben wir als Studierendenrat der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg die Vorschläge aus der CDU heraus zur Kenntnis genommen, den Lehrer*innenmangel in Sachsen-Anhalt durch die Neugründung einer pädagogischen Hochschule zu bekämpfen. Dieses vermeintlich neue Konzept ist lediglich eine Nebelkerze, um im kommenden Wahlkampf berechtigte Kritik am Bildungsminister Marco Tullner von diesem fernzuhalten, obwohl die CDU selbst für die desaströse Situation verantwortlich ist. Trotzdem werden hier immense Schäden an der Lehrerausbildung und den Universitäten in Kauf genommen.
Wir sehen vor allem folgende Probleme:
- Die Gründung einer neuen pädagogischen Hochschule macht das Land Sachsen-Anhalt als Bleibeperspektive für Absolvent*innen nicht attraktiver – das Problem wird fortbestehen, wenn sich hier nichts ändert.
- Es ist falsch, die Ausbildung von Lehrkräften für die Sekundar- und Grundschulen dadurch von der für die Gymnasien zu trennen, indem man erstere in einer neuen Hochschule ansiedelt. Die Realität an den Gemeinschaftsschulen Sachsen-Anhalts – erwiesenermaßen ein Erfolgsmodell – sieht längst ganz anders aus.
- Die Abkopplung des Lehramts von Forschung und Wissenschaft ist weder für die zukünftigen Lehrkräfte noch für die Wissenschaft von Vorteil.
Weiterhin protestieren wir scharf gegen das Vorhaben des Bildungsministers, den Studierenden Fächerkombinationen vorzuschreiben. Nicht nur scheint die Neugründung einer pädagogischen Hochschule damit ein Racheakt dafür zu sein, dass dieses Vorhaben bei den Zielvereinbarungen mit den Hochschulen im vergangenen Jahr bisher gegen den Widerstand der Universitäten nicht verankert werden konnte. Auch kommen junge Studieninteressen*innen gerade wegen der breiten und freien Fächerwahl insbesondere nach Halle. Finden diese in Zukunft in Sachsen-Anhalt nicht ihre Wunschkombination, werden sie an einem anderen Standort in Deutschland studieren gehen – schließlich studiert niemand plötzlich Physik oder Chemie, wenn er oder sie eigentlich Musik oder Sozialkunde studieren wollten. Die notwendige Maßnahme hier ist eine Steigerung der Attraktivität von Mangelfächern und nicht der Abbau bestehender Strukturen.
Insbesondere die MLU aber auch andere Hochschulen stehen für gutes Lehramt zur Verfügung und haben vor allem die notwendigen Erfahrungen für den Auf- und Ausbau entsprechender Strukturen – das haben sie nicht zuletzt bei der massiven Ausweitung der Kapazitäten bewiesen. Die Hochschulen brauchen dafür auch in Zukunft allerdings dringend Mittel für eine bessere Grundfinanzierung, um langfristig den Lehrer*innen und Dozent*innenmangel effektiv bekämpfen zu können. Es braucht Perspektive für die Studierenden und insbesondere eine Perspektive auf nachhaltige und zukunftsweisende Hochschul- und Bildungspolitik, die mit dem Vorschlag wieder einmal abgelehnt wird.